Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) hat die EU neue Richtlinien über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen beschlossen. Die CSRD kommt dabei stufenweise zur Anwendung. Für einige österreichische Unternehmen bedeutet dies, dass sie ab 2024 mit ihren ESG-Aufzeichnungen starten müssen. Die Abkürzung „ESG“ steht dabei für Environmental, Social und Governance – übersetzt Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und gute Unternehmensführung – und bezeichnet ein umfassendes Regelwerk zur Bewertung der nachhaltigen und ethischen Praxis von Unternehmen. Warum dazu bereits jetzt gehandelt werden sollte, wie das geschehen kann und welche Bedeutung beim Thema ESG echten Vorbildern im Unternehmen zukommt, erläutert Tamara Elisabeth Meiböck, ESG-Verantwortliche bei msg Plaut Austria, im Interview.
Fr. Meiböck, ESG kommt – und damit immenser Aufwand für die Unternehmen. Ist das gerechtfertigt?
Tamara: Immer, wenn eine regulatorische Anforderung den Weg ans Licht der Öffentlichkeit findet, ist der Aufschrei erst einmal groß. Denn ja, Sie haben recht, regulatorische Anforderungen sind für Unternehmen Aufwand. Bei ESG ist dies nicht anders. Dabei wird verkannt, dass das Thema mittlerweile viel größer ist als ein einfaches Reporting. Kundenpräferenzen sind im Wandel, Einstellungen und Werte in der Gesellschaft ändern sich rasant – speziell angetrieben durch die digitale Transformation, die weltweiten Krisen und die Erfahrungen mit COVID. Unternehmerische Verantwortung ist kein „Beiwagerl“ des Geschäfts mehr, sondern spielt sowohl in der Kaufentscheidung als auch bei der Wahl des Arbeitgebers für den Menschen und damit letztlich den Kunden eine zunehmend wichtigere Rolle. Wer das als Unternehmen als Chance erkennt und aktiv handelt, kann dadurch deutliche Wettbewerbsvorteile erzielen und den damit verbundenen Aufwand für sich nutzen.
Was macht das Thema für Sie so interessant?
Tamara: Für mich ist ESG vor allem so interessant, weil es ein Schritt dazu ist, das Verständnis, wie wir wirtschaften, und den Blick darauf, welchen Impact unser geschäftliches Handeln auf nachfolgende Generationen hat, zu ändern. Ich bin überzeugt, wir brauchen das. Auch wenn ESG sich also an Unternehmen richtet und diese anhält, nach ESG-Kriterien zu wirtschaften und ihrer Verantwortung entsprechend zu agieren, ist doch eines offensichtlich: ESG stellt den Menschen und die Umwelt in den Mittelpunkt – für heute und für die Zukunft.
Wie beschäftigt Sie das im beruflichen Alltag?
Tamara: ESG ist ein Thema, das eine Vielzahl der Unternehmen in Österreich betrifft. Entsprechend gilt es hier Unternehmen zu begleiten, gegeben der neuen Marktbedingungen bestmöglich zu wirtschaften. Eines unserer Anliegen ist es, das komplexe Thema für unsere Kunden umsetzbar zu machen. Im Speziellen ist auch eine Unterstützung bei der Erfüllung der neuen Reporting-Pflichten essenziell. Wir setzen hier auf einen End-to-End gedachten Beratungsansatz sowie die Komponenten ESG-Know-how, industriespezifisches Wissen und Technologien. Als Digitalisierungspartner unserer Kunden sind wir bei msg Plaut da natürlich Ansprechpartner Nummer 1. Wir bringen zudem die entsprechende Expertise sowie den entsprechenden Mindset für ESG mit. Oder kurz gesagt: We walk the talk!
Was ist der große Unterschied zu bereits bestehenden Regularien?
Tamara: Die neuen regulatorischen Anforderungen wie die CSRD in Sachen Reporting oder Offenlegungspflichten sind sehr umfangreich und komplex. Sie fordern darüber hinaus eine große Anzahl an Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren zum Handeln. Zudem stehen die unterschiedlichen Branchen hier auch oft in Abhängigkeiten zueinander. Dabei stellt sich häufig die Frage der Machbarkeit, Verankerung und Verantwortung im Unternehmen. Um die neuen Reporting-Verpflichtungen und Audit-Standards von ESG erfüllen zu können, sind umfangreiche Informationen erforderlich. Dies fordert Unternehmen im Bereich der Daten, speziell deren Erfassung, Steuerung und Planung.
Wie kommen Unternehmen in die Umsetzung?
Tamara: Grundsätzlich ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise des Themas ausschlaggebend, vereint mit der jeweiligen Industrieexpertise. Es reicht also nicht, sich einen Buchstaben von E, S oder G auszusuchen, sondern muss auf allen Ebenen aktiv werden. Mit ESG bietet sich die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen und kreative Ansätze in der Ausgestaltung von Produkten und Services zu nutzen. Und hierbei begleiten wir die Kunden. Für uns ist es wichtig, ESG für unsere Kunden umsetzbar und sie damit langfristig am Markt erfolgreich zu machen. Dazu haben wir umfangreiche Serviceleistungen entwickelt – von der regulatorischen Begleitung und Einbettung in die Unternehmens-DNA über spezielle Tools und ESG-Workshops bis hin zu Steuerung und Planung von definierten ESG-Themen. Auch bieten wir jeweilige Branchenschwerpunkte. In der Begleitung von Versicherungsunternehmen sind beispielsweise die nachhaltige Produktgestaltung sowie ein entsprechendes Schadenmanagement zu nennen.
Was ist Ihrer Meinung der wichtigste Erfolgsfaktor?
Tamara: ESG muss integraler Bestandteil der Unternehmensführung werden. Wer dies nur als lästige To-do-Liste betrachtet, verpasst Chancen. ESG kann ein wesentlicher Faktor im Wettbewerb sein, wenn der Veränderungsprozess so gestaltet wird, dass ihn jede und jeder im Unternehmen begleiten möchte. Das kann nur durch Vorbilder passieren, die diesen Weg ernst meinen, entsprechend handeln und nachhaltiges Wirtschaften vorleben.
Ist damit die Greenwashing-Gefahr gebannt?
Tamara: Die regulatorischen Anforderungen zielen durch erhöhte Transparenzanforderungen und Offenlegungspflichten darauf ab, das Risiko für Greenwashing zu reduzieren. Wer Greenwashing bewusst betreiben will, wird dies wohl auch weiter tun. ESG-Regularien aber sind auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, die Marktteilnehmer in ihren Spielräumen einzuschränken, was als „grün“ deklariert werden darf. So beispielsweise ist es erforderlich einheitliche Terminologien und Kriterien-Standards zu definieren. Dies schützt zum einen die Konsumenten und ermöglicht es zum anderen Investoren fundierte Entscheidungen zu treffen. Und nicht zuletzt trägt auch die zunehmende Sensibilisierung der Gesellschaft zum Thema dazu bei, Greenwashing zu minimieren.
Ein Tipp zum Abschluss?
Tamara: ESG ist der Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung dieser Welt. Menschen sind es letztlich, die handeln – und somit können wir, kann jede und jeder einzelne von uns etwas beitragen. Die Werte und Kriterien von ESG lassen sich durch kleine Akzente in den Alltag einfach integrieren. Und von dort können sie Kreise ziehen. Vor allem aber hilft es, das Bewusstsein der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen zu stärken und das in konkretes Handeln überzuführen. Jeder Schritt hilft. Damit können wir nicht früh genug anfangen. Starten wir also heute gemeinsam!